Interview mit Stefan Paas: "Structures are not missonal - people are." (Teil 2)
Bei einem ganzheitlichen missionalen Ansatz steht der Mensch im Vordergrund. Es braucht Gründertypen, Entrepreneuere und Personen, die in beiden Welten zu Hause sind und nicht davor scheuen, Verantwortung zu übernehmen.
Fortsetzung des Interviews "Wir müssen lernen, der Welt zuzuhören." mit Stefan Paas.
Spark: Wir suchen immer wieder nach Modellen, die funktionieren. Kennst Du innovative Modelle, an denen wir uns orientieren können?
Hier in Holland ist beispielsweise Rikko Voorberg ein bekannter Entrepreneur. Dann gibt es das ganze „monastic movement“ mit Shane Clairborne, ein paar Gründungen in Deutschland, Robbins, … aber ja, es sind vielleicht erst wenige und erst in zehn Jahren werden wir all diese Projekte evaluieren können.
Spark: Wonach suchst Du in den nächsten 10 Jahren? Was würdest Du gerne sehen?
Es wäre klasse, eine praktische “Karte der Innovation” für Kirche zu entwickeln, wenn wir replizierbare Modelle und Antworten haben, wie wir z.B. Finanzen in dem Umfeld denken und strukturieren können. Das gleiche gilt für Mitgliedschaften und die gesamte Kirchenorganisation. Aber am Ende geht es ja vor allem um die Menschen, sowohl auf der Gründer-, als auch auf der Seite derjenigen, die Kirche erreichen will. Um es mit einem bekannten Zitat zu sagen: Structures are not missional – people are.
Daher brauchen wir Gründertypen, Entrepreneuere und Personen, die in beiden Welten zu Hause sind. Wenn deutsche Kirchen, Institutionen und Gemeinden in Menschen investieren, dann sollten sie das mit einer ganzheitlichen Vision tun. Gerne auch Menschen aus dem bestehenden Kontexten, also sog. Intrapreneuere, die nicht danach fragen „Wer ist verantwortlich“, sondern die selbst nach der Verantwortung suchen.
Hierfür brauchen wir eine Sprachfähigkeit mit der Welt und wir müssen lernen, der Welt zuzuhören.
Spark: Wir leben in Zeiten von Unverbindlichkeit und postmoderner Wahlfreiheit – Mitgliedschaften scheinen abgeschafft. Was bedeutet das für Gemeinde aus ekklesiologischer Sicht?
Wir müssen uns immer wieder fragen: Was sind die Kernelemente, die Kirche und Gemeinde ausmachen? Ist sie auf den Grundlagen der Bibel gegründet, ist sie ökumenisch und auf Einheit ausgerichtet, ist sie kontext-sensitiv – und ist sie eine Gemeinde, in der ich die Elemente für die Teilhabe am Leib Christi finde, also Abendmahl, Gemeinschaft, Verkündigung, Dienst am Nächsten?
Denn dort, wo diese Elemente vorhanden sind, können mehr Menschen mit unterschiedlichsten Voraussetzungen in unserer pluralistischen Gesellschaft teil haben.
Das ist der Unterschied, wenn ich zum nachbarschaftlichen BBQ einlade: Dies bestätigt die Existenz einer Gemeinschaft, durch das Abendmahl und die Sakramente wird sie erst begründet. Durch diese unabhängige Begründung der Gemeinschaft durch Christus selbst können Menschen von ganz unterschiedlichen sozialen Schichten und Hintergründen teilhaben.
Das führt zum Leib Christi, aufgerichtet in einer Gemeinschaft von berufenen Priestern, die sich als Mediatoren zwischen Gott und der Gesellschaft verstehen, egal wie klein oder groß diese Community ist und welche strukturellen und finanziellen Voraussetzungen vorliegen... und in welchem Kontext sie aktiv ist. Das kann eine hoch ausgeprägte Form der Liturgie in einer Kathedrale sein oder im Umfeld einer Arbeitsumgebung oder eines Cafés.
Hierzu arbeiten wir übrigens gerade an einem Praktikerbuch in den Niederlande.
Spark: Vielen Dank für das Interview, Stefan. Das Buch brauchen wir dann auch auf Deutsch.