Gewinner - der Spark Award 2024 geht an

Die stille Revolution vom Datzeberg

Wir freuen uns, den ersten Spark Award zu verleihen. Im November 2024 waren wir in Wiesbaden und durften POLYLUX als Gewinner küren! Das beste missionale Projekt in Europa - das wir und die Jury gefunden haben! 

Und das an einem Ort, wo man nicht mit kirchlichen Glanzleistungen rechnen würde. Einen Ort, an dem 95% sich als nicht religiös bezeichnen. Einen Ort, wo viele Bewohner sich selbst als "Verlierer der Wiedervereinigung" bezeichnen. Dies ist Datzeberg, ein Plattenbau-Viertel in Neubrandenburg, wo Polylux seit einigen Jahren Teil des Geschehens ist und jetzt den Spark Award 2024 für das beste missionarische Projekt Europas gewonnen hat.

Was macht diese Auszeichnung so bedeutsam? Sie markiert einen Hoffnungspunkt in der Geschichte der europäischen Mission. Während traditionelle Kirchen überall auf dem Kontinent mit sinkenden Besucherzahlen kämpfen, hat Polylux einen völlig anderen Weg eingeschlagen: Sie machen "etwas Schönes" - wie sie es nennen - in einem Viertel, das Schönheit dringend braucht.

Aber die wahre Geschichte von Polylux beginnt nicht mit großen Programmen oder ausgefeilten Strategien. Sie beginnt mit einer überraschend einfachen Frage: Was passiert, wenn man aufhört, Menschen verändern zu wollen, und stattdessen anfängt, sie einfach zu sehen?

Der Wert der Beständigkeit

In einer Zeit von Hustle und schnellen Lösungen zeigt Polylux den Wert der Präsenz und des Dranbleibens. Seit 2007 arbeitet das Team in Datzeberg - nicht als externe Helfer, sondern als Nachbarn, die das Leben der Menschen teilen. Diese Art von Engagement ist selten geworden, aber möglicherweise wichtiger denn je.

Die Transformation eines Viertels braucht mehr als nur Programme und Projekte. Sie erfordert Menschen, die bereit sind, sich langfristig zu investieren, Beziehungen aufzubauen und Vertrauen wachsen zu lassen. Der Spark Award würdigt genau diese Form der nachhaltigen Nachbarschaft. Er zeigt, dass echte Veränderung möglich ist - auch an Orten, die viele aufgegeben haben.

Polylux' Ansatz basiert dabei auf einem bemerkenswerten Grundsatz, der ihr gesamtes Handeln prägt.

Die Kunst der geduldigen Transformation

Als Ralf Neumann und sein Team 2007 auf den Datzeberg zogen, hatten sie keinen detaillierten Masterplan. Was sie hatten, war eine Vision: Sie wollten in einem der hoffnungsärmsten Viertel Deutschlands Schönheit sichtbar machen. "Mach was Schönes" wurde ihr inoffizielles Motto - eine scheinbar simple Philosophie, die sich als erstaunlich kraftvoll erweisen sollte.

Über die Zeit fanden sie verschieden Ansätze, um ihre Arbeit zu gestalten. Erstens: Die "leidenschaftliche Gelassenheit". Das Team engagiert sich mit vollem Herzen für die Menschen im Viertel, bleibt aber gelassen, was die Ergebnisse angeht. Sie verstehen, dass echte Veränderung ihre eigene Zeit braucht. Zweitens: Das Prinzip des "Sehens wie Gott sieht". Sie begegnen jedem Menschen mit bedingungsloser Wertschätzung - lange bevor irgendeine Veränderung sichtbar wird. Und drittens: Sie beantworten nur die Fragen, die tatsächlich gestellt werden. Keine aufgedrängten Lösungen, keine versteckten Agenden.

Die Resultate dieser Herangehensweise sind beeindruckend. Über 200 Menschen nehmen aktuell wöchentlich an verschiedenen Angeboten teil. Mehr als 100 Bewohner haben durch Partnerschaften mit Organisationen wie Caritas konkrete Unterstützung erhalten. Aber die vielleicht wichtigste Veränderung ist schwerer zu messen: Das Viertel hat begonnen, sich selbst mit anderen Augen zu sehen.

Was zunächst wie ein bescheidener Ansatz erscheint - "mach was Schönes" - hat sich als Katalysator für tiefgreifende Transformation erwiesen. Durch eine Vielzahl kreativer Initiativen hat Polylux neue Räume der Begegnung geschaffen, wo Menschen nicht nur Hilfe erhalten, sondern selbst zu Gestaltern ihrer Geschichte werden. Wie diese Transformation konkret aussieht, zeigen ihre verschiedenen Projekte.

Begegnung neu gedacht

Ein Samstagnachmittag in Datzeberg. Im Gemeinschaftsraum "Caribuni" probt der Nachbarschaftschor "Schallplatte". Eine Architektin singt neben einer Rentnerin, ein arbeitsloser Jugendlicher teilt sich das Notenblatt mit einer Krankenschwester. Sie singen Pop, Gospel, alte deutsche Lieder - aber vor allem singen sie zusammen. Oft waren Menschen am Anfang scheu, ihre Stimme zu nutzen. Jetzt trällern sie ihre Lieder und gestalten schöne Momente gemeinsam.

Unweit entfernt entstand vor einigen Wochen "Die Geschichte". In dieser YouTube-Serie erzählen Bewohner biblische Geschichten neu - in ihrer eigenen Sprache, mit ihren eigenen Bildern. Das Besondere: Die Drehbücher entstehen in Workshops mit Menschen, die sich selbst als "unreligiös" bezeichnen.

Es gibt zahlreiche Projekte, die den Vibe von Polylux ausdrücken - von Sozialhilfe über eine kleine Kappelle, von Hausbesuchen bis zu einem Plattenkloster. Polylux ist kreativ und hat Lust auf Schönheit im Viertel. Das merken alle und bekommen Lust auf mehr. 

Was diese Projekte verbindet: Sie schaffen Räume, in denen Menschen sich selbst und andere neu entdecken können. Keine fertigen Antworten, sondern offene Türen. Keine Zielgruppen, sondern Nachbarn. Keine Mission an Menschen, sondern mit ihnen. Mit dieser innovativen Herangehensweise zeigt Polylux einen Weg, wie Kirche in Europa neu gedacht werden kann.

Eine leise Revolution mit großer Wirkung

Der Spark Award 2024 würdigt mit Polylux ein Projekt, das zeigt, wie Innovation in der Mission heute aussehen kann. In 16 Jahren haben sie bewiesen, dass Veränderung möglich ist - auch an Orten, die viele aufgegeben haben. Ihre Prinzipien der leidenschaftlichen Gelassenheit, der bedingungslosen Wertschätzung und des organischen Wachstums bieten wertvolle Impulse für Gemeinschaftsarbeit in ganz Europa. Im Zuge des Spark Awards hat Polylux seine 7 Prinzipien ausformuliert und ist gerne bereit, diese zu teilen.

Wer mehr über diese bemerkenswerte Arbeit erfahren möchte, kann Polylux auf Instagram unter @polylux_ev folgen. Im Februar 2024 teilt das Team außerdem seine Erfahrungen und die Ideen dahinter in einem offenen Webinar. Die Anmeldung ist ab sofort hier möglich. Eine Chance, von den Pionieren der "leisen Revolution" selbst zu lernen.